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Kapazitäten der Stromnetze in Hollabrunn​​​​

Die Kapazitäten im Umspannwerk und die Einspeisebeschränkungen von privaten PV-Anlagen haben miteinander nichts zu tun. Die Engpässe befinden sind auf den untersten Ebenen des Stromnetzes. Sie werden laufend beseitigt. Jeder kann aktiv und am besten gemeinsam zur Stabilität der Netze beitragen.

„Die Widmung von Freiflächen beschränkt die Potentiale beim Ausbau von PV-Anlagen. Solange das neue Umspannwerk nicht fertig ist, brauchen wir keine Freiflächen widmen. Sie blockieren den Ausbau auf privaten Dächern, Fassaden und über Parkplätzen!“ So lautet ein – von manchen – weit verbreitetes Missverständnis.

Wir sind der Sache auf den Grund gegangen und haben das Gespräch mit der NÖ Netz gesucht. Gleich vorweg: Die Errichtung von PV-Anlagen auf Dächern, Fassaden und über Parkplatzflächen sind von den limitierten Kapazitäten des Umspannwerkes NICHT beeinträchtigt.

Um welches Netz bzw. welche Netze geht es eigentlich?

  • Niederspannungsebene (Ebene 7): Das ist die Ebene auf der sich die Zählpunkte der einzelnen Haushalte und auch der meisten Unternehmen befinden. Dieses Netzwerk führt zu den lokalen Transformatorstationen. Alle PV-Anlagen, die sich unter 30 kWp bewegen werden dort angeschlossen. Alle Leitungen zum und vom Transformator weg werden vom Netzbetreiber errichtet und bezahlt.
  • Transformator-Stationen (Ebene 6): Direkt an diese Stationen werden Anlagen über 30 kWp angeschlossen. Ein Landwirt mit einem großen Hallendach kann z.B. seine Anlage dort anschließen. Die Leitung zum Transformator muss er selbst errichten und bezahlen. Das gilt für Anlagen bis 250 kWp.
  • Mittelspannungsebene (Ebene 5): Das ist die Ebene der Leitungen die von den Transformator-Stationen zum Umspannwerk führen. Sie haben eine Spannung von 20 kV (Kilovolt). Große Anlagen über 250 kWp werden damit direkt an das Umspannwerk angeschlossen. Sie müssen von Errichtern großer PV-Anlagen auf ihre Kosten selbst verlegt werden. Auch Windräder werden auf diesem Weg direkt ans Umspannwerk angeschlossen.
  • Umspannwerk (Ebene 4): Hier erfolgt dann die Transformation auf das überregionale Verteilungsnetz (Ebene 3) nochmals eine Transformation (Ebene 2) und dann ins Hochspannungsnetz (Ebene 1) mit 220 kV oder380 kV. Nur mit diesen Spannungen ist es möglich Strom über weite Strecken mit akzeptablen Verlusten zu transportieren.

Wo liegt das Problem - kurzfristig?

Wenn wir von Engpässen bei der Errichtung von privaten PV-Anlagen sprechen, befinden sich diese auf der Niederspannungsebene bzw. auf der Transformator-Ebene. Jede Transformator-Station mit „seinem“ Niederspannungsnetzwerk könnte man als „Strominsel“ betrachten, auf der die Spannung stabil gehalten wird. Das funktioniert abgestuft von 230 Volt bis zu 1000 Volt. 

Schwankt die Spannung zu sehr, käme es zu Stromausfällen oder auch zu Beschädigungen von Leitungen und Geräten in Haushalten und Unternehmen.

Historisch richten sich die Kapazitäten dieser Netze nach der Summe des Verbrauchs jedes einzelnen Haushaltes auf der „Strominsel“. Durch den in den letzten Jahren stark forcierten und in vielen Fällen einseitigen Ausbau von PV-Anlagen muss mit hohen Spannungsschwankungen umgegangen werden. Dazu müssen und werden auf diesen Ebenen je nach Bedarf laufend Leitungen verstärkt und Transformationskapazitäten aufgestockt.

Wo liegt das Problem - langfristig?

Derzeit versucht der Netzbetreiber auf Ebene 6 und 7 die Leitungen und Transformatoren so auszulegen, dass jede einzelne PV-Anlage bei Höchstauslastung, also im Sommer und bei niedriger Temperatur, die gesamte Menge an produziertem Strom ins Netz liefern kann.

Zu einem späteren Zeitpunkt, wenn auch der Verbrauch der einzelnen Abnehmer auf der Strominsel gestiegen ist z.B. durch die Installation von Wärmepumpen, der Anschaffung von E-Autos und vor allem durch die Integration von Batteriespeichern brauchen wir die ausgebauten Kapazitäten nicht mehr. Der Verbrauch hat sich dann wieder der Produktionsmenge an Strom angepasst.

Die Kosten für die dann nicht mehr benötigten Netzkapazitäten haben wir alle zu tragen. Die Netzbetreiber sind von Gesetz her berechtigt und verpflichtet die (gestiegenen) Netzkosten IhrenKunden weiter zu verrechnen.

Einspeisebegrenzungen

Die Beschränkung von Einspeisungen aus PV-Anlagen kommen dann zu tragen, wenn eine neu zu errichtende Anlage in der Höchstauslastung so hohe Spannungsschwankungen verursachen würde, dass damit die Stabilität des Netzes gefährdet wäre. 

Sind ausrechend Netzkapazitäten oder Abnehmer des produzierten Stroms auf der „Strominsel“ vorhanden, kommt es zu keiner Begrenzung der Einspeisungen. Derzeit gibt es z.B. lt. Auskunft der NÖ Netz für die Katastralgemeinde Hollabrunn kaum Einschränkungen.

Meistens wird die Einspeisung pro Zählpunkt auf 4 kWp begrenzt. Dafür ist die sogenannte Bezugsleistung relevant.

Kann man als Haushalt oder Betrieb eine höhere Bezugsleistung nachweisen (über die letzten Jahre oder z.B. durch neue Betriebsanlagen), wird die Einspeisemöglichkeit einer PV-Anlage auf bis zu 20 kWp angehoben. Für Landwirte oder Betriebsanlagen ist das durchaus normal, dass sie eine höhere Bezugsleistung vereinbart haben. 

Es ist sogar so, dass die NÖ Netz bei einer nachgewiesenen Bezugsleistung bis 20 kWp und einem Vorliegen eines Engpasses max. 12 Monate Zeit hat, um die Leitungen entsprechend anzupassen. Dazu ist sie gesetzlich verpflichtet.

Wahrnehmung der Einspeisebegrenzungen 

Leider ist es so, dass Einspeisebegrenzung oft zu negativ betrachtet werden. Es wird angenommen, dass eine 10 kWp Anlage auf 4 kWp „beschnitten“ wird und man dadurch 60% seiner Produktionskapazität einbüßt. 

Dem ist nicht der Fall: 

a) weil man den Eigenverbrauch dagegen rechnen muss und 

b) weil die Anlage nur zu Spitzenzeiten, im Sommer und bei niedriger Temperatur, wirklich an die 10 kW Leistung bringt. Die Basisleistung, die die meiste Zeit im Jahr darunter liegt, wird gar nicht bzw. sehr gering beschnitten.

Bei einer 10 kWp Anlage mit einer 4 kWp Einspeisebeschränkung können dann im Durchschnitt 90% der von der Anlage über das Jahr erzeugten Strommenge für Eigenverbrauch und Einspeisung genutzt werden.

Vorteile Dynamische Leistungsregelung

Die NÖ Netz nennt die Einspeisebegrenzung „Dynamische Leistungsregelung“. Sie bringt auch Vorteile:

  • Als Errichter der Anlage erspart man sich einen Teil der Netzzugangsgebühr.
  • Und es können bei bestehender Netzinfrastruktur wesentlich mehr Anlagen angeschlossen werden.

Somit leistet man einen Beitrag zur Energiewende, weil auch anderen die Errichtung einer eigenen PV-Anlage ermöglicht wird.

Was sollte/kann man gegen die Engpässe auf lokaler Ebene am besten tun?

  1. Den eigenen Bedarf anpassen, z.B. mit Wärmepumpen, E-Autos oder Batteriespeicher.
  2. Mit Nachbarn reden und neue Anlagen und den Bedarf gezielt und ausgewogen planen und
  3. gemeinsam die NÖ Netz ins Boot holen und am gezielten Ausbau der Kapazitäten arbeiten

Was macht die NÖ Netz?

Die NÖ Netz investiert laufend in die Aufrüstung der Verteilernetze. So wurden z.B. 2023 EUR 350 Mio. in den Ausbau der Netze investiert. Das ist annähernd ein Betrag der auch in den Vorjahrenschon ausgegeben wurde und in den nächsten Jahren noch jährlich ansteigen wird. 

Derzeit gibt es in Niederösterreich 92 Umspannwerke. Für den Netzausbau bis 2030 sind 40 neue Umspannwerke geplant. Ein Großteil davon sind neue zusätzliche Umspannwerke.

In NÖ gibt es 13.000 Transformatorstationen. Allein in 2023 wurden 700 neu errichtet. Rund 15% davon wurden erneuert, alle anderen gänzliche neu errichtet.

Unser Fazit

Die unabhängige und selbständige Gestaltung unserer Energiezukunft funktioniert durch ein Zusammenspiel von vielen kleinen, mittleren und einigen großen Anlagen. Das gemeinsame analysieren und darüber nachdenken, wo wir welche Erzeugungsanlagen und Speicher miteinander am besten realisieren wollen bringt uns am schnellten und kostenschonendsten ans Ziel.

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